Morgens in der Redaktion: Der ganz normale Wahnsinn – Artikel müssen fertig geschrieben und Seiten fertig gezeichnet werden. An allen Ecken brennt und pressiert es. Und mittendrin Gaston, der Chaosbruder, der für Fantasio ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk in petto hat: Drei dressierte Zirkusaffen – die Bravo Brothers, die Gaston günstig bei einem Zirkus-Ausverkauf erstanden hat. Die drei „possierlichen Tierchen“ legen auch gleich los, präsentieren ihre erstaunlichen Kunststücke und sorgen dafür, dass es fortan in der Redaktion noch wilder zugeht. Ob Bruchmüller und seine Verträge, die Steuerprüfung bei Herrn Bolte – alles scheint mit den Affen nun endgültig in heillosem Chaos zu enden. Bis Fantasio den traurigen Tierdresseur ausfindig macht, der den Affen die Kunststücke beibrachte…
Die Erzählung um die Bravo Brothers erschien erstmals 1965 im Spirou Magazin und unterscheidet sich aus mehreren Gründen von den restlichen Spirou Geschichten Franquins. Zum einen umfasst die Story nur 22 Seiten und weist damit keine Album Länge auf. Sie erschien später gemeinsam mit „Schnuller und Zyklostrahlen“ als Band 17 der Reihe. Und zum anderen stellt sie eine Art einmaliges Crossover oder Team-Up dar, mit Spirou und Fantasio auf der einen Seite und Gaston auf der anderen. Franquin, der Zirkus Fan war und der in der Rückschau immer kritisch auf seine Werke blickte (erst recht bei Spirou – „Die Bravo Brothers“ sollte seine vorletzte Spirou-Geschichte werden, danach befasste er sich ausschließlich mit Gaston, während Spirou von Fournier übernommen wurde), zählte die Affen-Story zu seinen liebsten Schöpfungen.
Tatsächlich herrscht auf den 22 Seiten eine erfrischende, urkomische Kurzweile, inhaltlich und zeichnerisch, wobei das Affen-Trio im Vordergrund steht. Scheinbar völlig emotionslos und stoisch, aber am laufenden Band (und wehe, man klatscht keinen Beifall) arbeiten sie selbstständig ihre wahnwitzigen Kunststücke ab, die dabei immer grotesker werden – zur großen Freude Gastons und zum Leidwesen Spirous und Fantasios. Dabei bekommt auch das Stamm-Redaktionspersonal in diversen Episoden sein Fett weg. Bruchmüller, verhindert durch einen ausgedehnten Lachanfall, unterschreibt einmal mehr nur „fast“ die Verträge, Fantasio steht bald kurz vor der endgültigen Resignation (siehe Cover) und selbst Wachtmeister Knüsel muss angesichts des Affen-Trios kapitulieren.
Der Band richtet sich an Sammler und Franquin Fans, auch preislich. Zuvor erschien die Geschichte u.a. im Spirou Album 17 und in Band 8 der aktuellen Spirou-Gesamtausgabe. Für diese Edition wurden die Seiten von Frédéric Jannin (u.a. „Gerald und wir…“), einem Weggefährten Franquins, behutsam neu koloriert und auch das Lettering ist jetzt mehr an dem Original. Was sich gut vergleichen lässt (siehe B.B. Gag oben). Denn im zweiten Teil der Ausgabe werden Franquins getuschte Seiten als Faksimile abgedruckt, wobei jeder Seite Kommentare, Ergänzungen und Analysen von José-Luis Bocquet und Serge Honerez gegenüber gestellt sind. So erfahren wir Interessantes über die Genese der Geschichte, die neue Kolorierung und natürlich über den Meister André Franquin selbst. Der Band erscheint als Jubiläumsedition zum seinem 100. Geburtstag. (bw)
Spirou Deluxe: Die Bravo Brothers
Text & Story: André Franquin
Bilder: André Franquin, Frédéric Jannin (Farben)
88 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
34 Euro
ISBN: 978-3-551-79840-4