Also, ein Godzilla-Film geht üblicherweise so: ein Mann in einem Gummianzug taucht vor einer Miniatur auf, die die Küste Japans darstellen soll. Der Herr schlappt dann mehr oder weniger motiviert durch eine Spielzeugeisenbahn, einen Plastikbausatzwolkenkratzer und – wenn wir Glück haben – noch ein paar Rückpros, und tritt dann in Tokyo alles kaputt. Dann kommt die Armee und macht dem Lumpensohn gehörig Feuer unterm Schuppenhintern, der sich daraufhin mit zugehörigem Restkörper grummelnd wieder ins Meer verzieht. So ist das in den Klassikern der 50er von Inoshiro Honda (los ging’s 1954), in den 60ern und 70ern geriet das dann immer mehr zur fröhlichen Puppenkiste, wahlweise auch gerne mal in Osaka oder gleich in Korea, mit immer mehr Monsterfreunden (Radon, Mothra die Riesenmotte und andere spaßige Gesellen). Also, muss man jetzt nicht unbedingt alles gesehen haben, um im Leben ein guter Mensch zu sein.
Obwohl der Handlungsrahmen somit durchaus überschaubar ist, ziehen die Herren von IDW hier das Urweltechsen-Ding geradlinig durch und präsentieren im ersten Band der zunächst nur auf Englisch vorliegenden Serie „Godzilla: Kingdom Of Monsters“ eben genau die beschriebenen Elemente: Strandszene, ein – wirklich beeindruckend riesiger – Godzilla geht an Land (Grund in den Filmen: oft gerne Atomtests; Grund hier: Fehlanzeige), geht dann auf Verwüstungstour durchs nahe Land, die Kavallerie in Form der Luftwaffe ballert vollkommen ohne Wirkung, man haut dem Monster als ultima ratio eine Atomrakete übers Hirn – nutzt wieder nix, nur hat man der Kreatur dadurch noch den charakteristischen Feueratem verschafft. Das Viech zerlegt im Anschluss ganz gepflegt Tokyo, während ein verdutzter US-Präsident feststellt, dass dies alles, nach der Finanzkrise und der Ölkatastrophe, ja wohl nicht wahr sein kann. Fortsetzung folgt.
Das ist somit inhaltlich by the book, die Godzilla-Afficionados können sich erfreuen, es gibt massive, zweiseitige Panels voller lustvoller Zerstörung, teilweise auch recht heftige Szenen, wobei die Zeichnungen zumindest mich nicht vollständig vom Hocker hauen können. Ein paar Versuche, Humor in die Dialoge einzubauen, gelingen nicht so recht, und so bleibt ein straightes Action-Comic, das derzeit vor allem von einer bitteren Ironie getroffen wird: das Monster Godzilla war in den 50er-Filmen ja nichts anderes als das personifizierte, ultimative Trauma Japans, das immer wieder aus der kollektiven Psyche exorziert werden musste – die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Nicht umsonst wurde das Urtier ja regelmäßig durch Atomtests aufgeweckt. Nachdem die Japaner derzeit auf drastischste Weise wieder unter den Folgen einer nuklearen Entfesselung leiden, gereicht die Szene, in der man Godzilla durch atomares Bombardement erst zu seiner ganzen Zerstörungskraft verhilft, zu sicher nicht beabsichtigter, beklemmender Symbolik.
Zum Start haben sich die Kollegen von IDW (30 Days of Night) allerdings etwas in der Tat Spaßiges einfallen lassen: neben dem etatmäßigen Alex-Ross-Cover gab es für teilnehmende Comicläden jeweils ein passendes Cover (Auflage jeweils nur 500 Stück!), auf dem Godzilla den entsprechenden Laden auseinandernimmt. Insgesamt gibt es 75 Smash-Your-Store-Cover (eine Runde Mitleid für alle Sammler!). Und so können wir nun dabeisein, wenn der uns doch so liebe T3 Terminal Entertainment an der Großen Eschenheimer Straße in Frankfurt als einziger Comicshop in Europa von einem Saurierfuß zermatscht wird. Allerliebst. (hb)
Bezugsquelle:
T3 Terminal Entertainment, Große Eschenheimer Straße 41a, 60313 Frankfurt/M.
Im Laden kostet das Heft € 3,99, per Post € 6 (2 Stück € 10). Wendet euch an Ekki, Tel. 069/287569 oder info@t3ffm.de.
Text: Eric Powell, Tracy Marsh
Bilder: Phil Hester
Cover: Eric Powell, Alex Ross
32 Seiten in Farbe, Heftformat
IDW Publishing
www.idwpublishing.com