Unmittelbar nach der Entdeckung des wahren Namens seiner Welt – nämlich nicht TER, sondern JUPITER (wobei nicht der Planet gemeint ist) – wird Goltan, der mysteriöse Fremde ohne Gedächtnis, von den Priestersoldaten festgenommen. Ein schweres Erdbeben hat nicht nur den kompletten Namenszug freigelegt, sondern auch die Stadt und das Land erschüttert, und Goltan soll nun als Unheilsbringer und Sündenbock in einem Prozess für die Naturkatastrophe verantwortlich gemacht werden. Im Kerker kommen erste Erinnerungen zurück, Bruchstücke, mit denen Goltan noch nichts anzufangen weiß. Vor Gericht ergreift Beth, die „große Priesterin des hohen Kollegiums“, dann unerwartet Partei für ihn, da sie in dem Fremden den in den Schriften angekündigten Propheten sieht. Ein weiteres, verheerendes und diesmal andauerndes Erdbeben unterbricht die Verhandlung jäh. Mit Hilfe Goltans flüchten die Menschen in eine riesige Krypta unter der Stadt. Dort erwartet sie eine neue, „unterirdische“ Welt aus Metall. Und neue Gefahren…
Band 2 der als Dreiteiler geplanten Reihe geht im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe. Die Story nimmt schnell Abschied von der Oberfläche und der seltsamen Fantasy-Welt dort, mit hohen Städten und weiten Ebenen voller Gefahren. Letztere hält der Untergrund auch bereit. Der „Untergrund“, das ist das Innere des gigantischen Raumschiffs namens Jupiter, so groß wie eine Welt. Ein Schiff, das offenbar einst havariert ist und nun im All treibt. Dabei hat es in den Jahrhunderten Masse in Form von Gestein und Sedimenten angehäuft und gleichzeitig eine eigene Atmosphäre gebildet, die ein Leben an der Oberfläche ermöglichte (die Geschichte des Schiffs, wie auch die „Erdbeben“ werden erklärt, aber wir wollen hier nicht unnötig vorgreifen). Die Überlebenden von oben, die nun in einen riesigen metallenen Korridor gelangt sind, kommen jedenfalls vom Regen in die Traufe, als sie auf Menschen der Besatzung aus dem Inneren treffen und unfreiwillig in deren Konflikt hineingezogen werden.
Die „Neuen“ geben etliche Erklärungen (s.o.), auch was die Herkunft Goltans/Goldhands und dessen Aufgabe betrifft. Zumindest teilweise. Dennoch scheint es fast, als hätte Autor Rodolphe zwei unterschiedliche Ideen gehabt (die Fantasy-Welt außen, die Science Fiction-Welt drinnen), die er mit schnellen Erläuterungen verknüpft, wodurch die Geschichte nicht ganz glaubhaft transportiert wird. In nur 200 Jahren soll sich eine Atmosphäre gebildet haben, soll es möglich gewesen sein, draussen eine Zivilisation zu errichten? Und in nur 200 Jahren sollen die Menschen draussen alles über ihre eigentliche Herkunft vergessen haben? Das ist nur schwer vorstellbar – dennoch schreitet die Story schnellen Schrittes voran. Nun begegnen wir denen, die „unter der Erde“ leben. Die eigentliche Besatzung des Schiffes namens Jupiter. Und zwischen ihnen schwelt ein Konflikt, ein regelrechter Bürgerkrieg mit den sogenannten „Integralen“.
Christophe Dubois beeindruckt auch im zweiten Band mit seinen Zeichnungen. Sein realistischer Strich ist streng, bestimmt und doch voller Eleganz und erinnert damit an den Stil von François Schuiten oder Andreas. Dabei geizt er auch nicht mit kräftigen Farben. Seitenlang ist der Himmel in tiefes Grün getaucht, im Gegensatz dazu herrscht später in den gigantischen leeren Korridoren jeweils ein Farbton vor – wahlweise grün-braun, blau oder gar rosa. Obwohl die Story viel enthüllt und damit einiges an Pulver verschießt, bleiben nach dem tragischen Finale des Albums etliche Fragen offen und damit genügend Futter für den abschließenden Band. Der ist für den Juli dieses Jahres geplant und trägt den Titel „Der Betrüger“, womit evtl. wieder Goltan gemeint ist. Diverse Entwurfs- und Skizzenseiten – schwarz-weiß und in Farbe – runden den Band ab. (bw)
TER, Band 2: Der Führer
Text: Rodolphe
Bilder: Christophe Dubois
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18 Euro
ISBN: 978-3-96219-293-8
