Zugegeben. Ein geschickter Name für einen Kopfgeldjäger: Wanted. Und ein sehr passender. Als er irgendwo in New Mexico einen gesuchten Gauner zur Strecke bringt, trifft er auf ein Massaker. Eine Indianerin und ihre beiden Kinder wurden von den Gebrüdern Bull, skrupellose Skalpjäger, brutal ermordet und entstellt. Ihr Mann, ein Weißer namens Yaqui Jed, dessen Vater Wanderprediger war, überlebt schwer verletzt und wird von Wanted gerettet. Mit Müh und Not kann er Wanted überreden, ihm bei seiner Rache zu helfen.
In Band 2 wird die Suche nach den verbleibenden Bull-Brüdern erschwert. Denn der amerikanische Bürgerkrieg erfasst auch New Mexico. Die ersten Soldaten der Konföderierten tauchen auf. Wanted und Yaqui Jed müssen Kit Carson und seine bunt zusammengewürfelte Truppe warnen. Passend, denn unter dieser vermuten sie die letzten der Gebrüder Bull…
Wanted ist ein Archetyp des Westerners. Ein wortkarger Einzelgänger, der Kriege ignoriert und keine Freunde hat oder haben will. Er ist lediglich auf seinen Vorteil bedacht, ein Kopfgeldjäger, der stur seiner Profession folgt. Fertig. Dass er auch noch ein trockener Draufgänger ist und schneller zieht als sein Schatten, versteht sich von selbst. Und dann ist da noch die namensgebende Narbe in Form eines W, die sich über das ganze Gesicht zieht, sein Markenzeichen. Woher kommt sie? Und wer steckt hinter der Person? Das bleibt wohlweislich im Dunkeln und schürt die geheimnisvolle Aura um den Protagonisten.
Die Motive des Italowesterns sind natürlich auch da. Wanted als Django-Figur, die Brutalität, auch Frauen und Kindern gegenüber, wird schonungslos dargestellt. Wie die Bestrafung der Täter. Es herrscht ein rauhes Klima im John-Ford-Country. Auch die „Kameraeinstellungen“, die Panels mit Gesichts-Totalen sind dem Genre entlehnt. Schon Wanteds Kopf auf dem Cover von Band 1 erinnert natürlich an Henry Fondas Bösewicht Frank in Sergio Leones Meisterwerk ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘. Einziger Antrieb der Hauptpersonen ist ausschließlich Geld und Rache.
Sonst ist die Qualität der Zeichnungen wechselhaft. Natürlich muss sich auch Wanted mit Blueberry vergleichen lassen. Das geht nicht anders und ist bei allen franko-belgischen Westerncomics so (bis auf Comanche, versteht sich). Die Gegend ist die gleiche (das staubtrockene New Mexico), die Zeit auch (der Sezessionskrieg). Und natürlich kann der Zeichenstil, v.a. bei der Darstellung der Landschaft, den Übervater des Genres nicht leugnen. Freilich ohne dessen Brillanz zu erreichen. Aber das wäre auch zu viel des Guten. Nur würde man sich v.a. bei der Darstellung mancher Gesichter mehr Sorgfalt wünschen. Aber das kann ja noch werden (die Serie wird sechs Bände umfassen). Die Farben sind – der Landschaft entsprechend – viel in Brauntönen gehalten und in Band 1 dezent, werden aber in Band 2 kräftiger.
Die Handlung überrascht. Was als simple Rachestory beginnt, bekommt in Band 2 mit dem Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd einen anderen Hintergrund, der für Tiefgang sorgt (wozu auch das Auftreten von Personen aus der Geschichte, wie Kit Carson, beiträgt). Wanted muss sich schließlich den Gesetzen des Krieges beugen, ob er will oder nicht. Und auch Yaqui steht plötzlich zwischen den Fronten, nur sind diese für ihn weiß (Bleichgesichter) und rot (Indianer). Geschicktes Taktieren ist angesagt, um letztlich doch noch an seine Rache zu kommen. Und der Schluss macht Band 3 jetzt schon spannend. Western-Fans können also bedenkenlos zugreifen. (bw)
Text: Simon Rocca
Bilder: Thierry Girod
jeweils 48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
13,80 Euro
ISBN 978-3-86869-242-6 (Wanted, Band 1: Die Brüder Bull)
ISBN 978-3-86869-243-3 (Wanted, Band 2: Der Todescanyon)