Düstere Stories (Erko)

November 18, 2016

Düstere Stories (Erko)

Alfonso Font? Nun, der 1946 in Barcelona geborene Zeichner ist tatsächlich schon ein alter Hase im Geschäft. Seine ersten Comics veröffentlichte er bereits in den Sechziger Jahren, die ersten Bände auf Deutsch erschienen Ende der Achtziger und bestechen seit jeher mit ihrem realistischen wie elegantem Stil. Trotzdem ist der Bekanntheitsgrad des Spaniers in unseren Breiten nicht gerade hoch. Was an zwei Dingen liegen mag: zum einen wurden seine Werke hier nur spärlich veröffentlicht (zuletzt 2008 der Sammelband von „Jon Rohner“ und das Einzelalbum „Barcelona im Morgengrauen“), zum anderen kann man ihn mit keiner langlebigen Serie identifizieren. Zwar ist er in etlichen Genres beheimatet, von Historien-Titeln über Südsee-Abenteuern und Erotik (er darf sich zum elitären Zeichner-Kreis zählen, der einen hierzulande indizierten Titel vorzuweisen hat) bis zur Science Fiction, aber keine seiner Serien umfasste mehr als eine Handvoll Einzelalben. Und viele seiner Werke blieben bei uns ganz einfach unveröffentlicht.

Das will der Erko Verlag, der immer für Überraschungen gut ist, was sein Programm betrifft und der Lizenz-Material von Ervin Rustemagics Strip Art Features veröffentlicht, nun ändern. Mit einem dicken, zweigeteilten Album im Überformat, das in der ersten Hälfte diverse Kurzgeschichten enthält und in der zweiten Hälfte eine kleine Werkschau mit Sekundärtexten anderer Comic-Größen aufwartet. Die Thematik der meist zweiseitigen Erzählungen gibt der Titel vor: „Düstere Geschichten“. Dabei sind diese nicht nur düster oder gruselig. Sondern auch makaber, sarkastisch, dabei auch komisch und pointiert. Und immer mal wieder wunderbar überzogen explizit. Beispiele: Mal funktioniert eine Hinrichtung nicht so wie sie sollte – der Kopf will einfach nicht ab… Dann wird Kannibalismus als letzter Ausweg thematisiert. Bisweilen bekommt man auch den moralischen Spiegel vorgehalten, etwa wenn ein Mönch in Afrika missioniert und dort den hungernden Menschen Bibeln statt Nahrung liefert. Rache der Hungernden inklusive.

Im zweiten Teil, der sich als Dossier versteht, meldet sich Ervin Rustemagic, dem mit Alfonso Font eine langjährige Freundschaft verbindet, selbst zu Wort. Dazu gibt es Beiträge über Font und dessen Stil von Klaus Janson („The Dark Knight Returns“ u.v.a.), Martin Lodewijk (u.a. Autor von Don Lawrence‘ „Storm“) und anderen, die den Spanier natürlich in den höchsten Tönen loben. Ein Interview mit Font selbst hätte sich hier zusätzlich gut gemacht. Zwischen den Texten kommen immer wieder ganzseitige Abbildungen aus vergangenen Serien und Alben zur Geltung, die zum Teil bei uns nicht veröffentlicht wurden („Clarke und Kubrick“ würde mich interessieren!). Dazu diverse Fotos, Skizzen und Entwürfe. All das zeigt, wie vielseitig Font aufgestellt ist, selbst in Richtung Funny scheint er stilsicher zu sein. Seine Bilder erinnern stets an die klassisch realistische franko-belgische Schule mit einem Touch von leichter Eleganz, dabei immer ihrem eigenen Stil treu bleibend. Anders gesagt: seine Zeichnungen sehen immer gut aus und wissen stets zu beeindrucken.

Wäre doch mal eine Idee, einige seiner bisherigen Arbeiten hierzulande zu veröffentlichen. Vielleicht kommt ja was aus dem Hause Erko. Das letzte Bild auf der letzten Seite des Bandes, das die beiden Freunde Font und Rustemagic zeigt, lässt zumindest in diese Richtung hoffen… (bw)

Düstere Stories
Text & Bilder: Alfonso Font
96 Seiten in Farbe, Hardcover
Erko Verlag
24,95 Euro

ISBN: 978-90-89821-10-2

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