Heiligtum, Band 3: Moth (Splitter)

Januar 26, 2011

Erinnern wir uns, was bisher geschah: Juni 2029. Die USS Nebraska, ein modernes Atom U-Boot, geht im Mittelmeer nahe der Küste Syriens einem seltsamen Signal nach, das von einem alten russischen U-Boot stammt, das eigentlich gar nicht existieren dürfte. Das Boot liegt vor einem antiken, versunkenen Heiligtum, das vor 7000 Jahren vom Volk der Ugariten aus einem unbekannten Grund erbaut wurde. Schon bald überschlagen sich die Ereignisse: die Nabraska havariert, ein Erkundungstrupp ist im Heiligtum verschollen, Teile der Mannschaft verfallen tödlichem Wahnsinn.

Willkommen zum dritten und letzten Band dieses verstörenden, klaustrophobischen Meisterwerks: Tief im Heiligtum stößt das Suchteam auf den verschollenen Erkundungstrupp. Gerade noch rechtzeitig, um die übel zugerichteten Kameraden sterben zu sehen. Denn etwas lauert im Heiligtum. Etwas unsagbar Böses. Das nach Menschen hungert. Das Suchteam um den Kommandanten (dem Schauspieler Scott Glen sichtlich Pate stand) wird gejagt. Auch hier greift Wahnsinn um sich, bis nur noch der Kommandant übrig bleibt.

Auf der arg ramponierten Nebraska laufen inzwischen die Vorbereitungen für eine aberwitzige Rettungsaktion. Dazu soll die Decke der gigantischen Höhle vor dem Bauwerk durchbrochen werden. Da stößt man in den alten ugaritischen Schriften, die inzwischen entziffert wurden, auf eine Warnung. Denn das Heiligtum ist kein Tempel, sondern ein Gefängnis! Und mit dem Durchbruch der Nebraska würde dessen einziger Insasse befreit werden…

Soweit zur Story. Mehr zu verraten wäre äußerst hinterhältig.

Die Schauplätze des Dreiteilers sind bis auf Rückblenden fast ausschließlich die Nebraska und das gewaltige Heiligtum, das nach tausenden von Jahren in völliger Finsternis liegt und nur unter Wasser zugänglich ist. Die helle Enge des U-Bootes und die dunkle Weite des Bauwerks haben eines gemeinsam: Die Angst vor dem Unbekannten. Und vor dem, was dort lauert. Das ist beim Leser immer spürbar. Diese Grundstimmung ist meisterhaft auf den Seiten eingefangen – die Lampen an den futuristischen Taucheranzügen fungieren im Heiligtum als einzige Lichtquelle. Im Kontrast zum einsamen Heiligtum steht das „dicht bevölkerte“ U-Boot. Doch dort herrscht ebenfalls der Schrecken, denn jeden Moment kann ein anderes Besatzungsmitglied dem Wahnsinn verfallen und ein furchtbares Massaker anrichten.

Ab und an sind die Personen nicht einfach zu unterscheiden, aber viele Gesichter orientieren sich ganz ungeniert an bekannten Hollywood-Akteuren. So trifft man neben Scott Glen auch Varianten von Beau Bridges und Johnny Depp. Nettes Stilmittel, erfolgt die Charakterisierung der handelnden Personen sonst nur über Rückblenden und erlittene Schicksalsschläge.

Die Geschichte als spannend zu bezeichnen ist leicht untertrieben. Der Leser steckt sofort knietief im Geschehen. Einen Spannungsbogen gibt es nicht. Die Spannung steigt vielmehr sofort auf das Maximum und wird dort bis zur letzten Seite mühelos gehalten. Verschnaufen ist für den Leser also nicht drin. Gut so. Arboris veröffentlichte vor Jahre die ersten beiden Bände. Jetzt liegt die komplette Reihe endlich in verdientem Hardcover vor. Wer mehr von Christophe Bec lesen will, dem seien „Carthago“ und „Prometheus“ wärmstens empfohlen. Beide Reihen erscheinen ebenfalls bei Splitter. Xavier Dorisons „Long John Silver“ ist mit aktuell drei Bänden bei Carlsen vertreten.

Bleibt die Frage: Happy End oder nicht? Tja…
(bw)

Text: Xavier Dorison
Bilder: Christophe Bec
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN 978-3-86869-150-4

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