Troja, Band 1 (Splitter)

Juli 17, 2015

Troja, Band 1 (Splitter)

Achilles, König von Phthia (bitte mal nach drei Bier aussprechen!), hat mächtig Dampf im Kessel. Er hat gegen die Übermacht von König Agamemnon, der die ganze Ägäis unter seinem Einfluss hat, gewaltig etwas einzuwenden, und bereitet sich auf eine gewaltsame Auseinandersetzung vor. Dabei hofft er, ausgerüstet mit den eisernen Waffen der Hethiter, auf die Unterstützung von Tyndareos, König des streitbaren Stadtstaates Sparta (dort werden ja bekanntlich Botschafter gerne mal in den Brunnen geschmissen, wenn sie eine weitere Fortsetzung von 300 fordern). Mit dem hat man sich auch schon verabredet, aber die Armee der Spartaner wird durch eine geheimnisvolle Macht komplett aufgerieben. Offenbar haben die Visionen Helenas doch einen gewissen Wahrheitsgehalt: die Tochter des Spartaner-Königs hat den Tod ihres Vaters durch eine schwarze Aschewolke, die von Osten über das Meer kommt, vorhergesehen und ihren Liebhaber Achilles erfolglos zu warnen versucht. Achilles sucht Rat bei seinem Mentor und Ziehvater, dem Zentauren Chiron, der ihm eröffnet, dass man es durchaus mit einer universellen, fast apokalyptischen Gefahr zu tun haben könne.

Denn hinter dem Vernichtungszug steckt wohl Kronos, der ehemalige Urvater, der erzürnt ist, weil sich die Menschen von ihm abgewandt haben und seinem abtrünnigen Sohn Zeus huldigen. Er hat ein finsteres Heer aus dem Schwarzen Meer, dem Chaos, zusammengerufen und wälzt unaufhaltsam auf die Metropolen der Ägäis zu. In dieser prekären Situation nutzt Agamemnon den Tod des Spartaner-Königs gnadenlos aus: er bietet der Thronfolgerin Helena ein, seinen Bruder Menelaos zu heiraten, angeblich um die beiden Reiche zu verbünden. Dass dabei andere Beweggründe im Hintergrund stehen, überrascht kaum: ganz bewusst möchte man Krieg provozieren, denn bekanntlich ist der Jüngling Paris der schönen Helena völlig verfallen. Und auch Achilles hat ein Wörtchen mitzureden gegen eine Heirat zwischen Helena und dem Unhold Menelaos. Alle Augen richten sich schließlich auf Troja, wo man das gefangene Volk vom Schwarzen Meer, die ehemaligen Verbündeten von Kronos, vermutet, die nur darauf warten, einen Krieg gegen ihren verräterischen Herren zu entfesseln…

Nicolas Jarry (u.a. Götterdämmerung, Der tönerne Thron) bleibt seiner Methode treu, historisch-mythologische Stoffe aufzugreifen und kreativ weiterzuentwickeln. Wie schon bei seinem Epos ‚Durandal‘ setzt er dabei Motive aus Historie und Literatur – dort mittelalterliches Zauberschwert, hier Antike – ein, variiert diese und reichert sie durch seine eigene Interpretation und fiktiv-übernatürliche Elemente an. Die durch Homer (in Versen, für die Oberstufe) und Wolfgang Petersen (mit Herrn Pitt, für das Kinopublikum) sattsam bekannte Erzählung um die Belagerung und den Fall Trojas stellt den (teilweise literarisch, teilweise historisch) verbürgten Hintergrund dar, den Jarry um politische Ränkespiele (Menelaos hat nicht im entferntesten die Absicht, Helena zu ehelichen) und vor allem den mythologischen Aspekt des Kriegs der Götter anreichert: die Menschen werden hier zum Spielball der uralten Vater/Sohn-Fehden zwischen Uranus, Kronos und Zeus.

Ganz nebenbei spazieren auch jede Menge Charaktere vorbei, die im weiteren Verlauf zu zentralen Figuren avancieren, wie etwa der König von Ithaka (auch genannt Odysseus), Hektor, Sohn des Königs von Troja, und natürlich der verliebte Jüngling Paris. In der Gestaltung von Erion Campanella Ardisha, der mit Troja sein erstes Projekt vorlegt, erscheint das Geschehen dem Inhalt angemessen klassisch, ohne grelle Effekte oder Überformungen, oft in getragenem Pastell gehalten. Der Band ist mitsamt Landkarten, schickem Inneneinband und Lexikon der wichtigsten Schauplätze und Personen elegant aufgemacht und bereitet einen stilvollen Einblick in die Vorgeschichte eines legendären Krieges. Band 2 und 3 (von 4) sind in Vorbereitung. (hb)

Troja, Band 1: Das Volk des Meeres
Text: Nicolas Jarry
Bilder: Erion Campanella Ardisha
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
13,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-060-7

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