Eigentlich soll gefeiert werden. Denn der Carlsen Verlag begeht in Kürze seinen Siebzigsten Geburtstag (im Original wird Dupuis, das Stammhaus der Reihe, 100 Jahre alt). Die Vorbereitungen für das Jubiläum laufen auf Hochtouren. Doch planen Spirou und Fantasio kurzfristig noch eine Zwischenstation ein. Der Grund ist wieder einmal Zyklotrop, dessen Konterfei unter dem Anagramm Kylo Protz als Fachberater für neue Technologien auf den Internet-Seiten der Unterwasserstadt Korallion auftaucht. Korallion wurde von der Tochter des Gründers, Coralie von Ups, zu einem Ferien-Resort umgewandelt, das in 200 Meter Tiefe vor dem Ort Kap Rosa mit allen möglichen Annehmlichkeiten zu einem Traum-Urlaub einlädt. Spirou und Fantasio (und Pips) buchen sich dort ein und sind beeindruckt von den gigantischen Glaskuppeln, die eine spektakuläre, freie Sicht auf die bunte und vielfältige Unterwasser-Flora und -Fauna bieten. Doch dass etwas faul ist in diesem Unterwasser-Paradies merken die beiden spätestens, als des Nachts unangemeldete Besucher in ihrem Zimmer stehen…
Jetzt aber! Nach fast sieben Jahren Wartezeit wird die reguläre Spirou und Fantasio-Serie endlich fortgesetzt. Mit einem neuen Kreativteam, das Autor Fabien Vehlmann und Zeichner Yoann ablöst (die insgesamt fünf Ausgaben verantworteten, zuletzt „Der Zorn des Marsupilamis“) und das zumindest in Teilen so neu gar nicht ist. Denn Zeichner Olivier Schwartz hat mit Autor Yann in der Vergangenheit bereits drei Bände der Reihe „Spirou + Fantasio Spezial“ gestaltet, die inzwischen auch schon auf 39 Ausgaben angewachsen ist. Die beiden Autoren sind dagegen neu: Sophie Guérrive und Benjamin Abitan. Bei ihrem Szenario greifen die zwei in einem cleveren Schachzug auf die Vergangenheit des Helden-Duos zurück. Denn 1958 schuf André Franquin die nicht ganz Album lange Geschichte „Tiefenrausch“ – hier spielt Korallion bereits eine Rolle, und deren Gründer, der Vater von Coralie, mahnt davor, den Ort nicht zu einer Touristenattraktion werden zu lassen. Und genau das ist nun geschehen!
Guérrive und Abitan lassen auch pflichtbewusst das Stammpersonal der Serie auftreten, ohne dieses zu sehr zu strapazieren. Der Graf von Rummelsdorf versorgt Spirou und Fantasio in bester 007-Q-Manier mit einem Pilz-Gimmick, das natürlich passend genutzt wird und Zyklotrops unvermitteltes Auftauchen bringt die Handlung erst in Gang. Daneben sehen wir Steffani und Gaston in Minirollen. Ansonsten dominieren unsere beiden Helden das Geschehen. Zeichner Olivier Schwartz siedelte seine Geschichten und Reihen bisher meist in der Vergangenheit an (die drei Spezial Bände, „Atom Agency“ oder „Gringos Locos“), seine Zeichnungen, die an die des früh verstorbenen Yves Chaland erinnern, mischen Moderne und Klassik, zeigen einen klaren, markanten, weniger runden Strich und sind dabei sehr detailliert ausgearbeitet.
Das Cover und der reißerische Titel versprechen bereits Einiges. Und man wird nicht enttäuscht. Natürlich gelangen Spirou und Fantasio in die Höhle des Löwen, wo ein beinahe waschechtes James Bond-Szenario auf die beiden wartet, mit einer entsprechenden Schurken-Organisation und einer exotisch-futuristischen Location, hinter der so viel mehr steckt, als es den Anschein hat. Auch wenn Fantasio am Ende etwas irrational handeln mag, stecken in der Story viel Spannung und Dramatik, wie auch Action und diverse Mysterien, die es noch aufzuklären gilt. Denn der Band ist nicht abgeschlossen. Fortsetzung folgt. Einstweilen gelingt es dem neuen Kreativ-Trio eine frische, moderne Prise einzubringen ohne dabei die angestammten Serien-Zutaten zu vernachlässigen und sogar auf eine klassische Franquin-Episode zurückzugreifen. Schön. (bw)
Spirou und Fantasio, Band 54: Der Tod von Spirou
Text & Story: Sophie Guérrive, Benjamin Beaujean
Bilder: Olivier Schwartz, Alex Doucet (Farben)
64 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12 Euro
ISBN: 978-3-551-77464-4
