Der Turm, Band 1 (Splitter)

Januar 5, 2023
Der Turm, Band 1 (Splitter Verlag)

Brüssel im Jahr 2072. Die Welt ist wieder einmal hinüber, zumindest für die Menschen. Ein Bakterium, das bei Kontakt sofort tötet, hat die Bevölkerung zu großen Teilen ausgelöscht. Eines der letzten Refugien menschlichen Lebens ist ein futuristischer, riesiger spiralförmiger Turm mit etwa 90 Etagen, einst als Wohnanlage der Zukunft erdacht, der vor 30 Jahren offenbar kurz vor der Katastrophe fertig gestellt wurde. Als Lebensraum von nun über 2700 Menschen bildet er eine autarke, sich selbst versorgende vertikale Stadt, hermetisch abgeschlossen von der Außenwelt. Und zu Teilen auch schon marode und überbevölkert. Als „Hausmeister“ fungiert eine allgegenwärtige KI namens Newton, die sich als Hologramm auch gerne in menschlicher Gestalt zeigt und so ständig mit den Bewohnern im Austausch ist.

Mit der Zeit haben sich im Turm zwei Fraktionen gebildet: Jene, die die heile Außenwelt noch von vor der Katastrophe kennen, also die Älteren, und die, die im Turm geboren und aufgewachsen sind, also alle bis 30. Die nennen sich Intras und leben auf eigenen Wunsch getrennt von den anderen. Wir lernen nach und nach verschiedene Bewohner des Turms kennen: Ingrid, die eine leitende Position hat, ihren Sohn Aatami, der gerade seine „Prüfung“ als Jäger bestanden hat und der nun in Raumanzügen in der Außenwelt Tiere jagen darf. Dann ist da noch Angela, eine Intra, die mit Aatami zusammen ist und die ihn für die Intras gewinnen will. Fabienne ist die Älteste Bewohnerin des Turms und offenbar eine Art graue Eminenz, die immer noch die Strippen zieht und viel Einfluss hat.

Ehe die Handlung Fahrt aufnimmt, wird die allgegenwärtige Gefahr durch das Bakterium drastisch veranschaulicht, und wir begleiten Aatami in einer beeindruckenden, wortlosen Eingangssequenz bei der Jagd mitten im überwucherten Brüssel (wo genau ist exakt zu verorten, da man in einem Panel das Blake und Mortimer/Das Gelbe M – Wandgemälde erkennen kann), das sich die Natur langsam aber sicher wieder zurückholt. Dann treffen wir erstmals auf Newton, die KI, die den Turm verwaltet und die gleichzeitig als stest präsenter Ansprechpartner für die Bewohner fungiert. Es dauert also eine Weile, bis einem die Personen vertraut sind und man sie einordnen kann und bis man zum Kern der Story gelangt: den schwelenden Generationenkonflikt, im Turm auf engstem Raum beschränkt, zwischen den etablierten Älteren und den desillusionierten Intras.

Denn die Intras um Angela fühlen sich benachteiligt („Ihr habt uns geboren und dazu verdammt, eingesperrt zu leben.“) und sind durchdrungen von einer durchaus realistischen „No Future“ Attitüde. Und just am 30. Jahrestag ist die Situation besonders aufgeladen und droht zu eskalieren – wie es hier weiter geht, wird der Folgeband zeigen, der in Frankreich jüngst erschienen ist. Verantwortlich für die Story ist Jan Kounen, den man als Regisseur des Blueberry Kinofilms kennt und der hier sein erstes Comic-Skript abliefert, gemeinsam mit Omar Ladgham, der auch für das Fernsehen schreibt und der dort bereits mit Kounen zusammenarbeitete. Auch der Zeichner Mr Fab, der das Geschehen in realistische Bilder mit markanten Gesichtern umsetzt und der eigentlich Fabien Esnard-Lascombe heißt, hat eine interessante Vita aufzuweisen, war er doch schon für Jean-Paul Gaultier tätig. „Der Turm“ ist seine erste Veröffentlichung in Deutschland. (bw)

Der Turm, Band 1
Text & Story: Omar Ladgham, Jan Kounen
Bilder: Mr Fab
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-96792-397-1

Tags: , , , , , ,

Comments are closed.