Grant McKay ist wieder mal in Nöten (geht das eigentlich überhaupt anders?). Der selbsternannte Dimensionaut und Anführer der Liga der anarchistischen Wissenschaftler schafft es zwar endlich, mit seinen geliebten Kindern Pia und Nathan wieder vereint zu sein. Aber seine Aktivitäten haben ein Wurmloch geschaffen, das das Everversum komplett zerstört. Sein alter Widersacher Kadir wirft ihm denn auch vor, nichts anderes als die Unendlichkeit ruiniert zu haben, was irgendwie ungünstig ist. Denn in der letzten verbliebenen Ausgabe der Realität regiert die böse Hexe Doxtra mit ihren Unendlichkeitskriegern im Block Tower und hat die ganze Welt in ein finsteres Höllental verwandelt. Grant schickt den ihn verfluchenden Kadir dennoch in diese Unwirtlichkeit und bläst zur Attacke auf die grimme Doxtra, die er mit seiner Anarcho-Liga frontal angeht.
Im Palast findet man den alten Kampfgefährten Kor vor, den Doxtra gebrochen hat, der Grant allerdings noch seine Axt übergibt, mit der er der fiesen Dame zu Leibe rückt – was allerdings gehörig schiefgeht, weil Doxtra in seine Gedanken eindringt und ihn mit seinem Selbsthass konfrontiert. Gerade als die Sache schiefzugehen droht, tritt ausgerechnet der erstarkte Kadir auf und lehrt der Hexe endgültig Mores. Schluss, aus, happy end? Irgendwie scheint das so, denn Grant findet sich in einer wunderbaren schönen neuen Welt wieder, alle sind glücklich, arbeiten für Block und fristen ansonsten ein genau reguliertes Dasein. Herrscher ist – große Überraschung – der gute Kadir, bis es Grant dann doch wieder zu bunt wird: in einem tolldreisten Coup dringt er ins Hauptquartier ein, tötet Kadirs Liebchen Chandra und macht sich auf eine spektakuläre Flucht, während Kadir ihm nachsetzt und immer wieder neue Realitäten schafft, die Grant stets wieder zurück auf Los setzen…
Grande finale furioso! Vorhang auf für die unweigerlich letzte Runde mit den Dimensionauten, in der der kreative Kopf Rick Remender nochmal viele, wenn auch nicht alle Register zieht. Standen in der Serie immer wieder bizarre Welten und noch schrägeres Kroppzeug im Mittelpunkt, liefert er zum Schlussakkord nochmals eine wilde Mischung aus SF-Thriller, verqueren Realitätsspielen à la „Edge Of Tomorrow“ (live, die, repeat, ein ähnliches „Täglich grüßt das Murmeltier“ erlebt auch der gute Grant, der in einer Sekunde auf der Flucht, in der anderen wieder braver Bürger ist) und vor allem einer wahrlich pechschwarzen Mischung aus „Brave New World“ und „1984“. Jeder arbeitet und liebt den großen Anführer Kadir, das tägliche Leben ist bis ins letzte reglementiert und gleichgeschaltet – selbst Ernährung, Sport und Alkoholkonsum sind strikt vorgegeben und über persönlich zugeteilte „Rationen“ gesteuert.
Im letzten Drittel wechseln wild die Handlungsstränge mit Grants Flucht, auf der er gemeinsam mit seiner Ex-Frau Sara sogar Kadir tötet, der wiederum seine Kinder umbringt, und den immer neuen Fassungen einer dystopischen Langeweiler-Konform-Gesellschaft, die Kadir durch „Backups“ der immer neuen Realitäten schafft. Dabei gönnt sich Remender auch so manchen Insider-Gag – dass die Liga der anarchistischen Wissenschaftler eine Justice League-Hommage ist, überrascht wenig, aber sogar das berühmte und viel zitierte/parodierte „American Gothic“-Gemälde von Grant Wood, das schon in der Rocky Horror Picture Show herhalten musste, kommt auch hier in einer Variante mit Grant und Sara zum Einsatz. In jedem Falle bieten die hier versammelten Ausgaben, wieder furios inszeniert von Matteo Scalera und Moreno Dinisio, nach langen Jahren der Dimensionshatz (den ersten Band würdigten wir hier immerhin bereits 2016) einen würdigen und für den geplagten Grant auch versöhnlichen Abschluss. (hb)
Black Science, Band 9: Dein eigener Herr
Text: Rick Remender
Bilder: Matteo Scalera, Moreno Dinisio
168 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro
ISBN: 978-3-96219-046-0