Zusammenbruch der vernetzten Welt, Grande Finale: der Trupp von Überlebenden, der sich vom vollständig zerstörten Paris Richtung Süden kämpft, schlägt sich unter dem zunehmend radikalen Kommando von François Deschamps weiter durch. Wer nicht mitmacht, kann kurzerhand gehen, so hält es François, als nicht jeder seinem Vorschlag folgt, sich ein paar Fahrräder unter den Nagel zu reißen und damit unentdeckt und unabhängig von allen Spritsorgen weiterzufahren. Als man vor einem gewaltigen Feuer Reißaus nehmen muss, flüchtet man sich mit einem improvisierten Floß und rettet sich gerade noch ans Ufer einer Insel, die einen erstaunlichen Fund bereithält. Offenbar findet man sich in der ehemaligen Forschungseinrichtung eines gewissen Dr. Oslo, der als Anführer der so genannten Transhumanisten mittels fortschrittlichster Nanobot-Technologie in Richtung de facto ewiges Leben recherchierte.
Das ging allerdings nur teilweise klar – was man aus den Aufzeichnungen des guten Mannes entnimmt und an den überlebenden „Experimenten“ in Augenschein nehmen kann. Ein Psychopath, der sich für den Tod hält, bringt den mitgeflohenen Dr. Fauque per Blick um. Francois schleppt die Leiche zu einem anderen Insassen, der als Jesus Christus firmiert, den guten Doktor tatsächlich von den Toten erweckt und dann standesgemäß übers Wasser davonmarschiert. Nach weiteren, zunehmend brutalen Zusammentreffen, die das kleine Fähnlein immer weiter dezimieren (so etwa kommen Narcisse und auch Pierre durchaus gewaltsam zu Tode), kommt man doch tatsächlich in François alter Heimat an, wo seine Mutter ihn schon erwartet…
Nach der pechschwarzen, technologiepessimistischen Dystopie der totalen Bequemlichkeit, Abhängigkeit und Überwachung in Band 1 folgte in der zweiten Episode eine Mad Max-hafte Endzeit-Atmosphäre, in der sich der anfangs noch furchtsame François zum faschistoiden Anführer aufschwingt. In der dritten und letzten Ausgabe dieser Adaption des Romans „Ravage“ von René Barjavel offeriert uns Autor Jean-David Morvan (u.a. „Sillage“) nun die Erklärung der Rahmenhandlung, in der sich der 130-jährige „Patriarch“ ja vehement und mit Militärgewalt gegen jede Technologisierung der Welt zur Wehr setzt.
Denn das ist natürlich niemand anders als François, der dank der Nanobot-Technologie von Dr. Oslo sein eigenes Leben nebst das seiner geliebten Blanchette immer wieder verlängerte. Die allerdings enthüllt gegen Ende, dass sie sich von ihrem übermächtigen Partner ganz schön untergebuttert fühlte und sich nun endlich frei entscheiden will – gegen den „Patriarch“ und seine autokratische Herrschaftsform. Dazwischen gesellen sich heftige, postapokalyptische Szenen, in denen Marodeure an jeder Ecke lauern, gepaart mit einer ordentlichen Prise Mad Scientist-Horror-SF, als sich der leibhaftige Tod und der Heiland gleichermaßen die Ehre geben. Ein furioser Schlusspunkt für diese Saga, die zum Nachdenken anregt und naive Begeisterung für scheinbar praktische Helferlein ins rechte Licht rückt. (hb)
Chaos, Band 3: Buch 3
Text: Jean-David Morvan
Bilder: Rey Macutay
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
15 Euro
ISBN: 978-3-96219-146-7
